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Raumplanung
ATC 602 2024 107 - Aufhebung eines Detailbebauungsplanes (DBP) – Fehlen ausreichender Rechtfertigungsgründe für dessen Beibehaltung
Das Kantonsgericht (KG) hat einen Entscheid der RIMU aufgehoben, welche die von der Gemeinde gewünschte Aufhebung eines Detailbebauungsplans (DBP) verweigerte. Es war der Ansicht, dass die Direktion keine ausreichenden Rechtfertigungsgründe für die Beibehaltung des DBP vorgebracht hatte.
Das KG stellt fest, dass das ursprüngliche Ziel des DBP, die Ernsthaftigkeit der Absichten der Eigentümer zu garantieren und die Entwicklung des Sektors zu strukturieren, weitgehend erreicht wurde: fünf Wohnhäuser sowie die notwendige Erschliessung wurden bereits realisiert, und ein konkretes Vorhaben für die übrigen Grundstücke wurde zur öffentlichen Auflage eingereicht.
Die Gemeinde verfügt über eine Autonomie für die Interessenabwägung bei der Beurteilung, ob ein DBP beibehalten werden soll oder nicht. Das Gericht weist darauf hin, dass die RIMU keine stichhaltige Argumente oder schützenswerte Motive für die Beibehaltung des strittigen DBP vorgebracht hat. Sie erklärt auch nicht, weshalb die Aufhebung des DBP die städtebauliche oder architektonische Qualität in Frage stellen würde oder weshalb eine zusätzliche Planungsstufe zwischen der Ortsplanung und den Baubewilligungen für diesen Sektor unabdingbar sein soll.
Das KG unterstreicht ausserdem, dass die Beibehaltung der aktuellen Bauperimeter des DPB den Eigentümern wesentliche praktische und wirtschaftliche Schwierigkeiten bereiten würde, da es zu substanziellen Änderungen des Geländeverlaufs und der Erreichbarkeit gekommen ist. Keine grundlegende Regel der Raumplanung oder des Baurechts steht der geplanten Änderung des Perimeters entgegen, ganz im Gegenteil würde diese eine bessere Flächennutzung und eine kohärente Integration der neuen Bauten in die bestehende Umgebung ermöglichen.
Schliesslich weist das Gericht darauf hin, dass der in Art. 21 Abs. 2 RPG verankerte Grundsatz der Planstabilität durch diese teilweise Aufhebung nicht gefährdet ist. Der DBP wurde teilweise umgesetzt und die allgemeine Organisation des Sektors bleibt unverändert. Diese Anpassung erfolgt in Kontinuität des geplanten Rahmens und geniesst den Konsens der betroffenen Eigentümer, die sich weder der Aufhebung des DBP noch dem laufenden Bauvorhaben widersetzen.
ATC 602 2024 77 - Tragweite und Grenzen eines Verfahrens zur Anpassung an die Genehmigungsbedingungen einer OP, evaluiert im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens
Im Zusammenhang mit einem zonenkonformen und im Einklang mit dem Gemeindebaureglement stehenden Baubewilligungsgesuch ruft das KG die eingeschränkte Tragweite des Verfahrens zur Anpassung an die von der RIMU festgelegten Genehmigungsbedingungen im Rahmen einer Gesamtrevision einer Ortsplanung (OP) in Erinnerung. Es unterstreicht, dass dieses Verfahren kein Mittel darstellt, um wesentliche und neue Änderungen der Raumplanung einzuführen, sondern dass es sich auf Massnahmen beschränken muss, die bereits im ursprünglichen Verfahren diskutiert wurden. Nicht diskutierte Detailänderungen können nur zugelassen werden, wenn ihre Tragweite beschränkt bleibt, damit die Art. 4 RPG, 37 RPBG und 21 Abs. 2 RPG zum Grundsatz der Planstabilität eingehalten werden.
Im vorliegenden Fall prüft das KG den Fall eines Grundstücks, dass laut den Beschwerdeführern immer noch im Perimeter eines Detailbebauungsplans (DBP) liegt, den die RIMU ab 2004 formell und materiell aufgehoben hat, ohne dass jedoch diese Aufhebung durch die Gemeinde im Gemeindebaureglement (GBR) konkretisiert wurde. Das KG bestätigt, dass die Aufhebung ordnungsgemäss genehmigt wurde und dass die Übertragung ins Gemeindebaureglement (GBR) ausschliesslich von informativer Tragweite ist, so dass die Aufhebung des strittigen DBP heute in Kraft ist. Insofern als die Beschwerdeführer die Tragweite der Ortsplanung im Rahmen des Plangenehmigungsverfahrens nicht angefochten haben, können sie den Status dieses Grundstücks im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens nicht mehr anfechten. Das KG betont, dass die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Planstabilität eine vorgezogene Überprüfung zu diesem Zeitpunkt ausschliessen.
Bauwesen
ATC 602 2024 85-86 - Voraussetzungen für die Bewilligung von Bauten im Gewässerraum (Abbruch-Wiederaufbau eines Gebäudes)
Das KG äussert sich zur Möglichkeit, eine teilweise im Gewässerraum (GWR) liegende Baute in einer im vorliegenden Fall als nicht dicht überbautes Gebiet qualifizierten Wohn- und Tourismuszone zu bewilligen. Art. 41c Abs. 1 der Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober 1998 (GSchV; SR 814.201) verbietet grundsätzlich jegliche Bauten in einem GWR, mit Ausnahme von standortgebundenen, im öffentlichen Interesse liegenden Anlagen. Sofern keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen, können die Behörden ausserdem die Erstellung von zonenkonformen Anlagen in dicht überbauten Gebieten (Bst. a) und ausserhalb von dicht überbauten Gebieten auf einzelnen unüberbauten Parzellen innerhalb einer Reihe von mehreren überbauten Parzellen (Bst. abis) bewilligen. Letztere Situation liegt vor, wenn der nicht überbaute Anteil eine Lücke innerhalb von bereits überbauten Grundstücken bildet, welche die Funktion des GWR auf Dauer verändern.
Im vorliegenden Fall stellt das KG fest, dass die strittige Parzelle in einem aneinander angrenzenden bebauten Gebiet liegt, wo der GWR seine Schutzfunktion verloren hat. Die geplante, wohnzonenkonforme Baute verschlimmert die bestehende Beanspruchung nicht und entspricht den Baulinien der benachbarten Gebäude. Die Anwendung der Ausnahme gemäss Art. 41c Abs. 1 Bst. abis GSchV ist somit gerechtfertigt, trotz Verlust der Besitzstandsgarantie infolge des Abbruchs des bisher auf dem Grundstück gebauten Gebäudes.
Zudem stehen auch die kantonalen Vorschriften, die einen Mindestabstand von 4 Meter von einem GWR vorschreiben, dieser Ausnahme nicht entgegen, vor allem, da ein überwiegendes öffentliches Motiv im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz oder der Ökologie fehlt. Die durch die Fachstellen bestätigten technischen Anforderungen hinsichtlich der Dichte der Baute garantieren die Sicherheit gegen Hochwasserrisiken.
Aufgrund des dauerhaften Verlustes der natürlichen Funktion des GWR in diesem Sektor und der Zonenkonformität des Vorhabens wird somit die strittige Baute im GWR im Sinne einer Ausnahme gemäss Art. 41c Abs. 1 Bst. abis GSchV anwendbar auf ein nicht dicht überbautes Gebiet zugelassen.
ATC 602 2024 51 - Rechtfertigung des Bedarfs für den Bau eines Wohngebäudes in der Landwirtschaftszone
Das KG ruft in Erinnerung, dass gemäss der kantonalen Weisung vom 20. Dezember 2022 und gestützt auf die Rechtsprechung des Bundes im Bereich des Rechts ausserhalb der Bauzone ein Bau in der Landwirtschaftszone nur bewilligt werden kann, wenn er einem konkreten, aktuellen und objektiv nachweisbaren Bedarf entspricht, der direkt mit dem betroffenen Landwirtschaftsbetrieb verbunden ist.
Das Bundesrecht verlangt eine restriktive Auslegung der Ausnahmen vom Grundsatz des Nichtbauens in der Landwirtschaftszone. Die Planung muss die Ziele der Raumplanung (Art. 1 und 3 des Bundesgesetzes über die Raumplanung, RPG, SR 700) einhalten, insbesondere die Bekämpfung der Zersiedelung und die haushälterische Bodennutzung. Im Wohnbereich kann nur ein absolut notwendiger Bedarf für das gute Funktionieren des Betriebs einen Neubau rechtfertigen. Es ist zudem zu prüfen, ob dieser Bedarf im Rahmen der bestehenden Volumen abgedeckt werden kann.
Im vorliegenden Fall wollte die Beschwerdeführerin ein Wohnhaus für die aufsteigende Generation errichten, im Hinblick auf eine künftige Übergabe des Betriebs. Das KG stellt allerdings fest, dass der angeführte Bedarf weder konkret noch unmittelbar ist: die Übernahme ist noch nicht formell geplant und der aktuelle Betriebsleiter im Alter von 54 Jahren kann seine Tätigkeit noch während zehn Jahren ausüben. Ausserdem hat seine Tochter, welche den Betrieb übernehmen soll, noch keine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert. Überdies muss die Konformitätsprüfung des Baus auch unter Berücksichtigung der verfügbaren Volumen erfolgen; die Beschwerdeführerin hat jedoch nicht nachgewiesen, dass die bestehenden Gebäude nicht entsprechend umgestaltet werden könnten.
Schliesslich übersteigt die geplante Fläche von 165 m² auch deutlich den für die Wohnung einer Generation im Ruhestand auf 100 m² festgelegten Richtwert (gemäss Empfehlungen des ARE und kantonaler Weisung). Das KG betont, dass diese Obergrenzen strikt und individuell einzuhalten sind, ohne Möglichkeit einer Gruppierung oder einer willkürlichen Aufteilung zwischen mehreren Generationen.
Unter diesen Umständen bestätigt das KG die Ablehnung der RIMU und erachtet, dass die Voraussetzung der konkreten Notwendigkeit nicht erfüllt ist und dass das Vorhaben den Anforderungen des eidgenössischen und kantonalen Rechts für die Zulassung neuer Wohnbauten in der Landwirtschaftszone nicht entspricht. Thema4
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